Homeoffice – das neue Arbeitsmodell im kritischen Licht

Mit dem Eintritt in den Lockdown im März 2020 wurde in zahlreichen Unternehmen weltweit Homeoffice, die Arbeit komplett von zu Hause aus angeordnet. Vielerorts ist Homeoffice auch nach Covid-Lockerungen fester Bestandteil des Arbeitsalltages geworden.

Spannungsfeld Homeoffice

Für viele Arbeitnehmende ging damals ein langersehnter Wunsch in Erfüllung und für viele Arbeitgebende wurde ein beunruhigendes Konzept zur Realität: Zu wenig Kontrolle über die Angestellten und der fehlende Überblick darüber, wer was wo und wie tut, waren zu Beginn die hauptsächlichen Befürchtungen der Linienverantwortlichen. Ausserdem sah man Kommunikationsschwierigkeiten etwa bei Meetings oder in Zusammenarbeit mit verschiedenen Instanzen voraus – was unweigerlich zu Einbussen bei Effizienz und Produktivität führen werde.

Angestellten begrüssten das Arbeitsmodell „100% Homeoffice“ mehrheitlich. Vor allem für Pendlerinnen und Pendler bedeutete diese Massnahme einen Freizeitgewinn. Man hatte täglich plötzlich zwei bis drei Stunden mehr Zeit zur Verfügung für Haushalt, Einkauf, Sport, Verabredungen und zur Erholung – und dies ohne Einschränkungen im Berufsalltag. Gleichzeitig entstand das Gefühl, von Freitag- bis Sonntagabend tatsächlich über freie Zeit zu verfügen. Auch die Arbeitgebenden merkten schnell, dass ihre Befürchtungen nicht gänzlich der Wahrheit entsprachen. Die technische Umsetzung auf virtuelle interne Kontakte gelang, wenn auch zum Teil mit etwas Verzögerung, in den meisten Unternehmen ohne weiteres. Meetings konnten mit etwas Übung fast genauso effizient abgehalten werden und die eigentliche Arbeit wurde letzten Endes mit demselben Pflichtbewusstsein verrichtet, wie schon vor der Pandemie.

Herausforderungen in den eigenen vier Wänden

Fürs Erste schien das neue Arbeitsmodell sowohl bei Arbeitnehmenden wie auch bei Unternehmen auf Anerkennung zu stossen. Doch die Schattenseiten zeigten sich bald. Nachbarn, die staubsaugen oder heimwerken, Partner, die ihre Telefonate in gewohnter Lautstärke führen und dazu durch die ganze Wohnung tigern. Familienmitglieder und Haustiere, die Aufmerksamkeit einfordern und/oder von der Arbeit ablenken usw. Nach ein paar Wochen sammeln sich die überfälligen To Do’s und werden nun halt ausserhalb der gewohnten „Bürozeiten“ noch schnell erledigt.

Der Eindruck, mehr zu arbeiten und höchstens gleichviel, zum Teil sogar weniger, erledigen zu können, verstärkt sich mit jeder weiteren Woche Homeoffice. Auf einmal ist man mit der neuen Arbeitsform gar nicht mehr so glücklich und würde gerne wieder zurück ins Büro wechseln, zumindest für ein paar Tage die Woche -dorthin, wo der fachliche und menschliche Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen wieder gegeben ist und man fokussiert seine Aufgaben abarbeiten kann – dorthin, wo nur die Arbeit fordert und nicht ein ganzes Universum von Anspruchsgruppen.

Covid als Treiber der Digitalisierung

Die Pandemie hat einen weltweiten Digitalisierungsfortschritt angestossen und ein bis dahin eher marginales Arbeitsmodell erstmals flächendeckend im Feld erprobt. Die Ergebnisse bedürfen einer vertieften Auswertung, eine Tendenz scheint sich jedoch bereits abzuzeichnen: Während sich die grosse Mehrheit der Arbeitsplätze bei 2-3 Homeoffice-Tagen pro Woche einzupendeln scheint, werden Modelle mit durchgehendem Home-Office oder reiner Büropräsenz sowohl von Firmen als auch von Arbeitnehmenden künftig wohl eher weniger bevorzugt.

Letztendlich liegt die Handhabung der verschiedenen Arbeitsmodelle bei den Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden. Dank der erweiterten Diversität der Konzepte können nun sowohl Gegner wie auch Befürworter ihre Meinungen mit echten Praxiserfahrungen stützen.

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